1. Grablegung der Stiftsgründer (um 940 – 1000)
Die Illustration 1 „Die Grablegung der Stiftsgründer“ zeigt einen Zug mit zwei Glassärgen, die Reste der Leichname der beiden Stiftsgründer beinhalten. Der Trauerzeug nimmt seinen Weg durch das Hauptschiff zum Altarraum. Handwerker haben bereits die Grube ausgehoben, die die verehrungswürdigen Leichenteile aufnehmen sollen. Da man über Jahrhunderte davon ausgegangen ist, dass man Teile der Leichname der beiden Gründer des Marienstifts im Altarraum der romanischen Vorgängerkirche verehrt hat, zeigt die Illustration eine Sichtweise, für die es bis heute aber keine Beweise gibt. Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass es so gewesen sein könnte.
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2. Die Amtseinsetzung des Stadtpfarrers durch den katholischen Stiftsherrn (1221 – 1803)
Die Illustration 2 „Die Pflichterfüllung“ zeigt den Probst des Marienstifts und einige Ratsherren bei der Inthronisierung des neuen evangelischen Stadtpfarrers. Dieser steht etwas verloren vor den Würdeträgern. Den evangelischen Stadtpfarrer begleitet ein überdimensioniertes Tintenfass – in Anlehnung an die Versuchung Luthers auf der Wartburg – indem sich der Teufel befindet. Dieser hofft, über den evangelischen Stadtpfarrer Einlass zu finden in den alten ehrwürdigen Wetzlarer Dom. Demgegenüber steht allerdings ein Wächter für Recht und Glauben mit einem ebenfalls überdimensionierten Stift, der die Macht der Stiftsherren symbolisiert.
3. Die Walpurgiskapelle als Notkirche (1252 -1779)
Die Illustration 3 „Die Heilige Walburga und ihre Kapelle“ zeigt die Walburgiskapelle, wie sie während der Bauzeit des Wetzlarer Doms die Gläubigen zum Gottesdienst aufnahm. Im Vordergrund sieht man eine Prozession von Gläubigen, die den Weg zur Walburgiskapelle nehmen. Rechts vor dem mächtigen Baum ist ein Steinmetz bei seiner Arbeit zu beobachten, wie er ein Bildnis von der Heiligen Walburgis in den Sandstein meißelt. Die Figur ist fast fertig und wird ihren Standort in der Walburgiskapelle finden.
4. Tile Kolup, ein falscher Kaiser im Dom (1285)
Die Illustration 4 „Der falsche Kaiser im Wetzlarer Dom“ zeigt den falschen Kaiser Tile Kolup, wie er mit seinem Hofstaat in den Dom einzieht; Gläubige säumen seinen Weg. Der falsche Kaiser hat eine Krone auf und hält die Insignien der kaiserlichen Macht in den Händen. Der im Hintergrund erkennbare Scheiterhaufen weist auf das drohende Unheil für den falschen Kaiser hin.
5. Reliquien im Wetzlarer Dom (um 1300)
Die Illustration 5 „Die Reliquienverehrung im Mittelalter“ zeigt einen Geistlichen auf dem Altan. Er präsentiert den gläubigen Wetzlarer Bürgern eine Reliquie. Die präsentierten Knochen eines Heiligen werden seit Jahrhunderten einmal im Jahr den Gläubigen gezeigt. Dabei ist es völlig unerheblich, ob die Reliquie auch authentisch ist. Alleine der Glauben an die Macht und die Kraft einer solchen Reliquie löst bei den braven Bürgern Erstaunen und Zufriedenheit gleichermaßen aus.
6. Die Denkmäler der Dombaumeister und ihrer Steinmetze (um 1300 -1490)
Man erkennt rechts in der Ecke der Illustration 6 „Der Dombaumeister und seine Lehrlinge bei der Arbeit“ den schlafenden Steinmetzmeister, der sich nach getaner Arbeit an der in der Mitte befindlichen Maria mit Jesus auf dem Arm, ein Schläfchen gönnt. Währenddessen arbeitet im linken Teil der Geselle an einer Phantasiefigur, die ein opulentes Schwein zeigt. Hier scheint der Schalk des Gesellen über die Ernsthaftigkeit einer biblischen Darstellung zu obsiegen. Der Lehrling in der Mitte des Bildes beobachtet dabei den schlafenden Meister, damit der Geselle weiter an der skurrilen Figur des Schweins arbeiten kann. Auch die hinten links an die Wand gelehnten Figuren überzeugen nicht durch ihren sakralen Charakter. Wie man heute weiß, haben auch solche Figuren ihren Platz am gotischen Glockenturm des Wetzlarer Doms gefunden.
7. Der Lettner, eine überaus praktische Trennwand (1340 – 1945)
Die Illustration 7 „Der Lettner – die praktische Trennwand“ zeigt die zu Zeiten der Reformation vorhandene konfessionelle Trennwand. Auf der rechten Seite im Chorbereich erkennt man die wenigen Katholiken, die in fröhlicher Runde ihrem katholischen Glauben freien Raum lassen. Vor der Trennwand sind die evangelischen Wetzlarer Gottesdienstbesucher versammelt, die ihrerseits zur gleichen Zeit ihren Gottesdienst feiern. Ein Umstand, der zwischen den beiden Konfessionen immer wieder zu Streit führte.
8. Was macht das Krokodil am Dom? (15. Jahrhundert)
Die Illustration 8 „Wie das Krokodil zum Dom kam“ zeigt uns die Entstehungsgeschichte des Krokodils am Wetzlarer Dom. Beim Durchzug der Kreuzritter durch Wetzlar überreichen zwei der Ritter einem Stiftsangehörigen ein Krokodil, das sie von ihren Kreuzzügen aus dem Heiligen Land mitgebracht haben. Ort der Überreichung ist die Burg Kalsmunt, die in Sichtweise zum Wetzlarer Dom als Ruine heute noch existiert. Dem Krokodil hat einer der Steinmetze aus dem Bauhof des Tyle von Frankenberg im Blendmaßwerk ein Denkmal gesetzt. Ob der Steinmetz gewusst hat, um welches Tier es sich dabei handelte, bleibt bis heute offen.
9. Der Ablasshandel für die Finanzierung des Bauwerks (um 1500)
Die Illustration 9 „Ein florierender Ablasshandel vor dem Wetzlarer Dom“ zeigt uns den Ablasshandel durch drei Mönche, die ihren Tisch mit den Ablassbriefen vor dem heutigen Südeingang platziert haben. Die Geldtruhe ist schon gut gefüllt und wird von einem der Mönche mit dem Kruzifix bewacht. Vor dem Tisch mit den Ablassbriefen hat sich eine lange Schlange von Wetzlarer Bürgern gebildet, die alle darauf warten, sich von ihren Sünden freizukaufen. Links neben dem Eingang haben die Bauarbeiten bereits begonnen, die man nun mit den Einnahmen aus dem Verkauf der Ablassbriefe finanzieren konnte. Eine, die ihren Ablassbrief bereits in Händen hält, bewegt sich mit großer Geschwindigkeit in die Lüfte, befreit von ihren alten Sünden und bereit für neue Sünden. Offensichtlich handelt es sich hier um eine Hexe, die vor aller Freude über die Befreiung der Sünden ihren Besen am Tisch der Ablasshändler vergessen hat. Aber auch der Teufel hat sich angestellt. Er schaut voller Inbrunst auf die fliegende Hexe in Erwartung der Befreiung seiner Sünden durch den Kauf von Ablassbriefen.
10. Die Schabesteine und ihre wundertätige Wirkung (um 1500)
Die Illustration 10 „Aberglaube und Schabespuren“ zeigt einen Ritter in voller Rüstung, der sich symbolhaft Eintritt zum Wetzlarer Dom verschafft. Der Schabestein zeigt tiefe Spuren von zahlreichen bewaffneten Gottesdienstbesuchern, die sich so quasi „unbewaffnet“ Zutritt in den sakralen Raum des Wetzlarer Doms verschafften.
11. Die Stiftsherren und das liederliche Weibsvolk (1542)
Die Illustration 11 „Die Doppelmoral der Stiftsherren“ zeigt die sonst so gottesfürchtigen Stiftsherren beim „Anbandeln“ mit den Wetzlarer Damen. Während sich zwei Stiftsherren noch in der Klärung der Frage befinden, was ihnen das Vergnügen wert sei, kann es ein anderer Stiftsherr nicht abwarten und eilt mit schnellen Schritten der Dame hinterher.
12. Die konfessionellen Sonnenuhren (1550)
Die Illustration 12 „Die flexible Zeit“ zeigt den nächtlichen Einsatz des katholischen Küsters, der mit einer Laterne in der Hand auf die Leiter gestiegen ist, um wieder einmal die Gottesdienstzeiten für die katholische Gemeinde ein wenig auszudehnen. Deutlich erkennbar ist sein Werkzeug, mit dem er den Zeiger der Sonnenuhr bearbeitet. Der evangelische Küster hat sich auf die Lauer begeben, um seinen Amtskollegen auf die Schliche zu kommen. Hierzu bietet sich der vor der Sonnenuhr liegende Friedhof an. Das Ergebnis dieser katholischen Manipulation ist bekannt. Die evangelische Gemeinde lässt einen zweiten Zeitmesser über der katholischen Sonnenuhr anbringen und kann fortan die Uhrzeit bei Sonnenschein von der eigenen Sonnenuhr ablesen.
13. Der Tod eines Kanonikers in den Zeiten des Reformationsstreites (1567)
Die Illustration 13 „Ein konfessioneller Meuchelmord“ hinter dem Dom zeigt einen ermordeten Kanoniker auf den Treppenstufen zum Dom. Sein Mörder macht sich ohne Eile davon und wendet sich an vier im Hintergrund wartende Gestalten, die mit ihrer Geldkiste den Eindruck erwecken, dass der Mord an dem Stiftsherrn wohl geplant war. Die konfessionellen Streitigkeiten kumulierten sich mit dem Auftragsmord zu einem schaurigen Höhepunkt im 16. Jahrhundert. Der Ort, an dem der Mord stattfand, symbolisiert mit dem auf der Nordseite gelegenen Friedhof der Stiftsherren einen besonderen Platz. Hell steht der Mond über dem alten Baum. Der helle Mond schickt genügend Licht, um die Schandtat auf dem sonst so dunklen Friedhof in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Dieser Mord rückt die anderen Streitigkeiten über Gottesdienstzeiten oder Beteiligungen an den Baulasten weit in den Hintergrund.
14. Die Zeit ist relativ (1582)
Die Illustration 14 „Die Zeit des Todes ist relativ“ zeigt den Tod, der am romanischen Taufstein steht. Er weist mit seinem knochigen Zeigefinger auf die abgelaufene Sanduhr. Die Lebensuhr des Johann Conrad Hertstein ist leer. Seine Grabplatte wurde bereits im Dom platziert und zeigt den Verstorbenen in eindrucksvoller Darstellung. Damit nicht einverstanden ist der vor dem Tod stehende Stiftsherr, der mit seinem Kalender, den er in den Händen hält, den Tod darauf hinweist, dass Johann Conrad Hertsteins Lebensuhr nach dem Gregorianischen Kalender noch nicht abgelaufen sei. Offensichtlich handelte der Tod etwas vorschnell. Auch im Jahre 1652 holte er sich die Wetzlarer Bürger immer noch nach dem Julianischen Kalender.
15. Assessor Erich Mauritius als Hexenrichter (1691)
Die Illustration 15 „Ein Richter spricht Recht“ zeigt den Assessor Mauritius bei der Arbeit. Nicht weit vom Dom entfernt wird ein der Hexerei Beschuldigter dem ehrenwerten Assessor Mauritius vorgeführt. Der Folterknecht hat die peinliche Befragung bereits durchgeführt und wartet auf weitere Anweisungen des Hexenrichters. Das Auftreten der kleinen Teufel begleitet die Rechtsprechung des Hexenrichters. Im Hintergrund ist der vor dem Dom aufgestellte Scheiterhaufen zu sehen. Man kann schon erkennen, welches Schicksal den vom Folterknecht bewachten Delinquenten erwartet. Dies alles geschieht im Namen des Rechts des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zum Ende des 17. Jahrhundert in Wetzlar.
16. Die Platzierung der Epitaphien – eine Frage des Geldes (um 1700 -1800)
Der Pfarrer in der Illustration 16 „Ein Platz in der Ewigkeit hat seinen Preis“ ist hocherfreut, dass er wieder einen Gläubigen im Dom vorfindet, der ihm mit einem größeren Geldbetrag um einen angemessenen Platz für seine Gedenktafel bittet. Dieser Gläubige zeigt mit seiner Hand schon einmal auf seinen Wunschplatz. Im Hintergrund erkennt man weitere Gedenktafeln, die noch platziert werden müssen. Die Platzierung der Gedenktafeln im Wetzlarer Dom scheint ein einträgliches Geschäft für die beiden Domgemeinden gewesen zu sein.
17. Die Hühner- und Gänseställe der Reichskammergerichtsangehörigen (um 1700 – 1800)
Die Illustration 17 „Die Hühner- und Gänseställe der Reichskammergerichtsangehörigen“ zeigt die Gottesdienstbesucher, die das Privileg hatten, sich auf den im Chorbereich und in den beiden Nebenschiffen vorhandenen Balkonen aufhalten zu können. Sie sind symbolhaft durch Hühner- und Gänsedarstellungen verewigt. Die Tierdarstellungen der Balkonbesucher repräsentieren die Meinung der weniger privilegierten Gottesdienstbesucher über das ständige „Gegacker“ dieses erlauchten Personenkreises, der sich zumeist aus den Kreisen der Reichskammergerichtsangehörigen rekrutierte.
18. Der Marienleuchter und der Pastor auf der Kanzel (um 1700)
Die Illustration 18 „Maria wendet sich ab“ zeigt den evangelischen Pfarrer, wie er in flammender Rede die Botschaft Gottes von der Kanzel den Gläubigen zu vermitteln versucht. Maria auf dem Zunftleuchter hört sich diese Predigten nun schon seit Jahren an, ohne dem entfliehen zu können. Ihr stiller Protest durch Abwenden ist die einzige mögliche Reaktion, sich den unterschiedlichen Qualitäten der Predigten zu erwehren.
19. Der Friedhof vor dem Wetzlarer Dom (bis 1757)
Die Illustration 19 „Der Tod und seine Buchführung“ zeigt den Wetzlarer Stadtfriedhof auf dem südlichen Vorplatz vor dem Dom. Erkennbar im Hintergrund sind die zahlreichen Grabsteine, die den Domvorplatz ausfüllen. Im Vordergrund tragen Sargträger einen Sarg am Tod vorbei. Der Tod vermerkt akribisch in seinem Totenbuch die korrekte Anlieferung. Damit der Tode einen Platz auf dem Boot des Fährmanns über den Totenfluss Styx bekommt, wirft einer der Sargträger dem Tod eine Münze in die Geldkiste.
20. Der fragwürdige Lebenswandel der Türmer (1600 bis 1900)
Die Illustration 20 „Die Aufgaben des Türmers waren vielschichtig“ zeigt einen Ausschnitt aus dem fragwürdigen Lebenswandel eines Türmers. Seine eigentliche Aufgabe, über das Wohl der Stadt in luftiger Höhe zu wachen, stand nicht immer im Vordergrund seiner Aktivitäten. Wie belegt, so waren die Türmer den Freuden des Lebens, wie Wein, Weib und möglicherweise auch Gesang nicht abgeneigt. Zwei Spießgesellen ziehen kräftig am Seil, um den Besuch von drei Damen, die dem Trunk und einem leicht verdienten Groschen nicht abgeneigt scheinen, in die Höhe zu hieven. Rechts im Hintergrund steht ein weiterer Spießgeselle, der mit einem Trichter dem Türmer den Besuch der drei Damen ankündigt. So diente der heute noch vorhandene Versorgungsbalken nicht nur der Versorgung des Türmers mit lebensnotwendigen Gütern wie Speiß und Trank sondern brachte auch ein wenig Abwechslung in das triste Leben eines jeden Türmers am Wetzlarer Dom.
21. Eine unerfüllte Liebe im Angesicht des Wetzlarer Doms (1772)
Die Illustration 21 „Die unerfüllte Liebe in der Weltliteratur“ zeigt ein Treffen von Charlotte und Goethe auf dem Stiftsfriedhof auf der Nordseite des Wetzlarer Doms. Die Unmöglichkeit einer Liebesbeziehung zwischen beiden, symbolisiert durch das vergebliche Bemühen, den Apfel zu erreichen, ist hier bildlich erfasst. Die Verführung durch den Apfel lässt sich bis ins Paradies zurückverfolgen. Das Ergebnis dieser Verführung ist bekannt. Goethe hingegen würde gerne an der süßen Frucht naschen. Aber er kann die Distanz zu Charlotte nicht überbrücken. So bleibt sie ihrem Verlobten treu und Goethe muss einsehen, dass Charlotte unerreichbar ist. Dieser vergeblichen Liebesbeziehung verdanken wir den Roman „Die Leiden des jungen Werthers“. Man mag sich nicht vorstellen, wie die Romanhandlung gewesen wäre, wenn Charlotte und Goethe in Wetzlar im Schatten des Stiftsfriedhofs im Sommer 1772 zusammengefunden hätten.
22. Die verschwundenen Altäre (1838)
Die Illustration 22 „Die evangelische Domgemeinde räumt auf“ zeigt die evangelische Gemeinde beim Aufräumen im Wetzlarer Dom. Bei der großen Restaurierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bleibt kein Stein auf dem anderen; sämtliche Altäre verschwinden. Die Aufräumarbeiten sind sehr gründlich. Das Loch in der Wand zeigt noch den Standort der einst so prachtvollen Altäre.
23. Der Prozeß um den Marienleuchter (1849)
Die Illustration 23 „Der Marienleuchter im Fokus des hohen Gerichts“ zeigt die Urteilsverkündung über die Aufhängung des Marienleuchters im Hauptschiff in der dritten Instanz. Beide Streitparteien, die evangelische Gemeinde links und die katholische Gemeinde rechts, zeigen ihre Gemütsverfassung nach der Urteilsverkündung. So zeigt sich ein Erstaunen über den Richtespruch auf den Gesichtern der evangelischen Vertreter. Die empfundene Ungerechtigkeit, den Leuchter wieder im evangelischen Hauptschiff aufhängen zu müssen, zeigt Ratlosigkeit. Anders die Gemütsverfassung bei den Vertretern der katholischen Gemeinde. Der Freude über den Richterspruch wird mit einem Humpen Bier und einem Ausdruck größter Zufriedenheit angemessen Rechnung getragen. Zwischen beiden Streitparteien harrt der Marienleuchter, der wieder den Platz einnehmen wird, den er seit 1500 innehatte.
24. Der Heidenturm als städtisches Archiv (1385 – 1900)
Die Illustration 24 „Die Gier der Amtsträger“ zeigt einen gierigen Bürgermeister, der den Karren mit Goldmünzen zieht, die er durch den Verkauf der Dokumente des städtischen Archivs erhalten hat. Während die Dokumente 500 Jahre gut gesichert im romanischen Turm unbehelligt überstanden haben, muss erst ein öffentlicher Vertreter der Stadt Wetzlar daherkommen, um sich die eine oder andere Goldmünze durch den Verkauf zu sichern. Im Hintergrund erkennt man ein Pferdefuhrwerk, das voll beladen die Dokumente der Stadt Wetzlar fortschafft. Deutlich zu erkennen sind die Dokumente, die aus dem Heidenturm herausquellen und noch weitere Fuhren erforderlich machen. Ein wirklich lohnendes Geschäft für den Bürgermeister.
25. Die Fliegerbombe als Mittel der Versöhnung zwischen den Konfessionen (1945)
Die Illustration 25 „Die herbeigebombte Ökumene“ zeigt eine überdimensionierte Fliegerbombe im Wetzlarer Dom. Durch ihre Größe symbolisiert sie die immensen Schäden, die sie gegen Ende des 2. Weltkrieges verursacht hat. Vorne links ist ein Wetzlarer Bürger erkennbar, der sichtlich aufgeregt die Schäden beklagt. Links daneben verharrt bereits ein Architekt, der sich mit seinen Plänen und Aufzeichnungen um den Wiederaufbau kümmert. Begleitet wird der Architekt von einem Pfarrer der Domgemeinde, der den Architekten bei seinen Bemühungen um die Instandsetzung begleitet.
26. Ein Narr im Wetzlarer Dom (1955)
Die Illustration 26 „Der Narr im Widerstreit der Interessen“ zeigt uns mit seiner Symbolik der in sich verknoteten Taue und das Gezerre in unterschiedliche Richtungen, das Ringen der unterschiedlichen Konfessionen um den „wahren Glauben“. Der Knoten des Taus scheint unentwirrbar. Hier mahnt uns nun der Narr mit seinem erhobenen Zeigefinger: „So wird man nicht zu einer einvernehmlichen Lösung kommen“. Wenn man gerade in den Ländern, wo die Bedeutung des Glaubens keine maßgebliche Rolle für unser Leben und unser tägliches Handeln spielt nicht zueinander findet, wird man in der Symbolik der verknoteten Taue zu keiner befriedigenden Rolle finden. Der Narr kann uns dabei den Weg zeigen, dass sich Institution Kirche, unabhängig ob evangelisch oder katholisch, nicht so wichtig nehmen und sich wieder mehr um das Miteinander und weniger um das Trennende kümmern sollte. Gelingt dieser Konsens nicht, so zeigt die Umschlingung des gesamten Kirchengebäudes durch das scheinbar unentwirrbare Tau die Gefahr einer Zerstörung des Glaubens, unabhängig von der konfessionellen Ausrichtung.
27. Die Orgel – ein Symbol der Ökumene (1955)
Die Illustration 27 „Die Ökumene in Aktion“ zeigt die Ökumene in voller Aktion. Beide Musiker, der evangelische und der katholische Kantor, zeigen vollen Körpereinsatz beim Orgelspiel. Die Beckerath-Orgel bekommt so die Gelegenheit, ihre Klangfülle und Robustheit, auch bei ekstasischer Bespielung unter Beweis zu stellen.
28. Das Kreuz mit dem Kreuz (1955)
Die Illustration 28 „Das Kreuz mit dem Kreuz“ zeigt die Handwerker bei der Arbeit, ein eindrucksvolles Kreuz von Ernst Barlach in den Wetzlarer Dom zu bringen und ihm einen würdigen Platz an dem im Hintergrund erkennbaren Vierungsaltar für alle sichtbar zu geben. Dies scheint aber nicht allen zu gefallen. Die beiden Geistlichen auf der rechten Seite des Bildes weisen mit einem Ausdruck der Verärgerung und mit abweichenden Gesten darauf hin, dass man das Kreuz von Ernst Barlach nicht im Wetzlarer Dom haben möchte. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Das Kreuz wurde wieder aus dem Dom entfernt. So hat die Engstirnigkeit einzelner Personen den Wetzlarer Dom um ein wirklich eindrucksvolles und in seiner Ausdrucksform sehr würdiges Kreuz gebracht.
29. Der katholische und evangelische Strom (1957)
Die Illustration 29 „Der Strom im Dom fließt ökumenisch“ zeigt die Pose der akribischen Regulierung des konfessionell unterschiedlichen Stromkreises. Die überdimensionierte Darstellung der beiden Stromanschlüsse ist ein Ausdruck für eine übersteigerte Korrektheit in einer der ältesten Simultankirchen Deutschlands.
30. Kommissar Zufall und der Raub des Simon von Kyrene (1997)
Die Illustration 30 „Das Diebesgut wird abtransportiert“ beschreibt den geplanten Abtransport der gestohlenen Figur des Simon von Kyrene. Bei den zwielichtigen Gestalten neben dem LKW könnte es sich um die Diebe handeln, die im wahren Leben allerdings nie identifiziert wurden. Rechts oben im Bild sieht man den evangelischen Dompfarrer, der durch ein Fernglas die Diebe beobachtet und dem es mit zu verdanken ist, dass Simon von Kyrene wieder seinen angestammten Platz in Wetzlar gefunden hat. Vorne, nahe bei den Dieben, erkennt man den Antiquar, der sich an seinem Hehlerlohn erfreut, nichtsahnend, dass gleich die Polizei den Diebstahl auffliegen lässt. So findet alles doch noch ein gutes Ende.