Romanik, Gotik und Barock treffen sich
Die Geschichte des Wetzlarer Doms
Aus der Nähe wird sichtbar, was den Dom aus baugeschichtlicher Sicht so interessant macht: Die Fassade ist unfertig; der geplante zweite gotische Turm gelangte nie über das Sockelgeschoss hinaus. Ein großes Mittelportal ist angelegt – doch es fehlt die Treppenrampe, um zu ihm hinaufzusteigen. Hinter der prachtvollen gotischen Fassade der Westseite befindet sich der Heidenhof mit seiner massig gedrungenen romanischen Fassade und seinem Turm. Beide Baustile aus unterschiedlichen Jahrhunderten vereinen sich zu einem einmaligen Kirchenbau-Ensemble.
DENKMAL DER
Geschichte
Der alte Teil ist der Rest jener spätromanischen Basilika, die Stift und Stadt zugunsten eines imposanten Kirchenbaus abbrechen wollten. Dass es zwischen Stadt und Stift Streit wegen der Baufinanzierung geben könnte, dass die Stadt gegen Ende des 14. Jahrhunderts in eine düstere Wirtschaftskrise schlittern sollte, die im Bankrott endete, und dass schließlich die Reformation Stadt und Land polarisieren würde – wer hätte das voraussehen können? Der Kirchenbau jedenfalls kam nur langsam und schubweise voran, unterbrochen von jahrzehntelangen Pausen. So dauerte es 260 Jahre, bis der Wetzlarer Dom in seiner heutigen Pracht fertiggestellt wurde.
Natürlich zogen die mit den Bauarbeiten beauftragten Bauhütten zu anderen Baustellen weiter, neue kamen – und mit ihnen neue Stilideen, neue Konstruktionstechniken und neue Pläne. >Als um 1490 der südliche der beiden geplanten Türme einen hölzernen Spitzhelm erhalten hatte, wurden die Arbeiten eingestellt. Der Helm wurde 1561 durch einen Blitzschlag zerstört, um 1590 wurde eine neue Haube aufgesetzt, in deren Form sich die Renaissance verabschiedete und der Barock schon spürbar ist. So hat von der Spätromanik bis zum Barock jede Epoche der deutschen Kirchenbaukunst ihren „Fingerabdruck“ am Wetzlarer Dom hinterlassen.
Als sich die Wetzlarer mit der Reformation dem lutherischen Glaubensbekenntnis zuwandten, teilte man sich die Kirche und so blieb es bis heute: Katholische und evangelische Gemeinde benutzen denselben Altar und dieselbe Orgel.